Anjas Federflug der Gedanken - Ihre Perspektive auf Themen des Lebens
"Ruhe ist etwas Schönes. Es sei denn, du hast Kinder. Dann ist sie verdächtig!" Ich muss gestehen, dass dieser kurze Satz, wie die Faust aufs Auge zu meinen 2 Rabauken passt. Der Zeitraum, wenn es plötzlich still ist, beträgt wenige Minuten und man glaubt kaum, was in so kurzer Zeit alles passieren kann. Wenn aus mühsam zusammengefalteten Kleidungsstücken Flugzeuge werden, welche sich auf dem halben Zimmerboden verteilen. Wie von Geisterhand tausende farbige Sticker an Türen und Bettrahmen kleben, nur das dafür vorgesehene Papier noch schneeweiss ist. Das Lavabo überschwemmt mit Schaumbergen, die dem Mount Everest gleichen. Tassen, Löffel und Teller, welche wie angeklebt auf dem Tisch liegen bleiben, anstatt im Geschirrspüler zu landen. Dies und vieles mehr - in der gefährlichen Stille der wenigen Minuten!
Langeweile fördert die Kreativität sagt man so schön und ich weiss in solchen Situationen manchmal nicht, ob ich weinen, schimpfen, lachen oder mich in Luft auflösen soll.
Ungestillter Durst
Kennt ihr das, wenn die Kinder wieder einmal so anstrengend sind, dass man sie am liebsten auf den Mond schiessen oder mit einen Ausschalt-Knopf auf Stand-by schalten würde? Wenn der Tag sowieso schon zermürbend war und man sich innerlich zusammenreissen muss, dass die extrem kurze Zündschnur die Bombe nicht bei jeder Kleinigkeit zum Explodieren bringt. Dann ist der Zeitpunkt da, in welcher man sich einfach nur ein paar Minuten Ruhe wünscht. Nur kurz einen Kaffee trinken, ohne ständig in Beschlag genommen zu werden. Schnell eine Wäsche zusammenlegen ohne dauernd den Streitschlichter zu spielen. Einfach aufs Sofa liegen, ohne gleichzeitig "gehügelt" zu werden. Einfach kurz etwas für sich selbst zu machen, ohne ständig hin und her zu laufen.
Diese kostbaren Momente, wo man einfach nur Zeit für sich und seine Bedürfnisse will. Diesen Drang danach, den man aber im Moment einfach nicht stillen kann. Ein teilweise echt frustrierendes Gefühl wie ich finde.
Gefühlschaos
Tatsächlich ist es bei mir so, dass wenn ich ein wenig Zeit für mich allein habe, ich dann nur schwer abschalten kann. Ich bin dann zuhause und fühle mich plötzlich ziemlich "lost". Ich denke an meine Kinder, vermisse den Lärm, den ich im Alltag teilweise kaum ertragen kann. Überlege tausend Dinge, schmiede Pläne was noch alles zu tun wäre oder was ich noch tun könnte, und komme schwer zur Ruhe. Mit zur Ruhe kommen meine ich nicht die äusseren Reize, sondern das innerliche Gleichgewicht. Mich mal aufs Sofa zu setzen und nichts tun - für mich fast unerträglich. Durch mein Naturell stelle ich meine Bedürfnisse oft hinten an, was natürlich falsch ist. Es fühlt sich oft wie ein Teufelskreis an - wenn die Kinder da sind, wünsche ich mir, ich hätte Ruhe und wenn sie weg sind, wünsche ich mir, sie wären wieder hier. Mittlerweile merke ich, dass umso älter sie werden, meine Zeit langsam zurückkommt. Ich kann besser Dinge erledigen und Sie sich länger mit etwas beschäftigen. Trotz allem Chaos liebe ich meine Kinder unendlich und bin glücklich, solange sie mich noch brauchen und ich für sie sorgen darf.
Achtsamkeit
Seit längerer Zeit setze ich mich bewusst mit mir selbst auseinander. Ich lese viel zu diesem Thema und probiere mehr auf mich und meine Bedürfnisse achtzugeben. Es fällt mir eher schwer und ist eine lebenslange Aufgabe, dass man sich selbst nicht vergisst. Mir ist es wichtig, den eher stressigen und durchgetakteten Alltag ausgeglichener zu meistern. Ich finde es eine grosse Herausforderung heutzutage als berufstätige Mami den Alltag, die Kindererziehung und die Partnerschaft möglichst harmonisch unter einen Hut zu bekommen. Umso wichtiger scheint es mir, auch einmal Ruhe für sich selbst zu finden und die Stille geniessen zu können. Man nennt dies im psychologischen Fachjargon auch "Inseln im Alltag einbauen".
Einfach mal Durchatmen
Gerne möchte ich allen da draussen, welche es im Alltag auch nicht immer leicht haben, Mut machen, sich Inseln im Alltag zu Bauen. Auch wenn es nur 5 - 10 Minuten sind, nehmt euch die Zeit bewusst für euch, um einfach mal tief durchzuatmen. Es ist wahnsinnig wichtig, immer mal wieder in sich hineinzuhören und den Gefühlen, welche aufkommen, Raum zu geben. Die Bedürfnisse, welcher jeder Mensch hat, nicht einfach zu ignorieren, bis sich alles aufstaut und man dann irgendwann explodiert. Das innere Gleichgewicht zu halten, gibt einem die Kraft und Ruhe auch schwierige Situationen leichter zu überstehen. Natürlich funktioniert dies nicht immer so, wie man es gerne hätte. Manchmal kommt alles auf einmal oder man hat einfach einen schlechten Tag erwischt. Was ebenfalls ein bewährtes Hilfsmittel ist, ist die bewusste Meditation. Heutzutage sind auf YouTube tausende Meditationsübungen für jedes Bedürfnis zu finden. Dies kann helfen, für eine bestimmte Zeit, die Ruhe in sich selbst zu finden, ohne ständiges Gedanken-Karussell. Dieses Bewusstsein für die eigene innere Ruhe bringt Anton Tchechow auf den Punkt. "Ruhe und Befriedigung findet der Mensch nur in sich selbst, nicht in äusseren Dingen."
Text und Foto: Anja Macello